Faction: Der Auskenner (2000)
herr denes, 15:21Uhr
Nicht nur prominente Frauen beschweren sich immer öfter über "Stalker", die sie auf Schritt und Tritt verfolgen und alles über sie herauszufinden versuchen. Ein Münchner Aufreißer verfolgt diese Taktik bei seinen Disko-"Kandidatinnen" - via PC und Internet.
Große Liebhaber der Geschichte hatten klangvolle Namen - Casanova bespielsweise (das heißt "Neuhaus"), oder Don Juan (= "Edelmann Johann"). Gianni Maltagliati ist auch so ein eindrucksvoller Name; übersetzt man ihn jedoch, kommt dabei die ernüchternde deutsche Variante "Jens Fehlschnitt" heraus. Sieht man sich Gianni etwas genauer an, dann muß man gemeinerweise an den lateinischen Sinnspruch "nomen est omen" denken.
Dabei ist auch er ein großer Liebhaber, der eine interessante Möglichkeit entdeckt hat, das Zwischenmenschliche in der Vordergrund zu stellen.
FAKTENFIKTION: Gianni, du hast italienische Vorfahren?
Gianni: Das ist richtig.
FAKTENFIKTION: Deine Eltern?
Gianni: Ebenfalls richtig.
FAKTENFIKTION: Und jetzt lebst du in München?
Gianni: Genau. In Laim.
FAKTENFIKTION: Kommen wir mal zum Punkt: Du siehst ja nicht gerade wie ein Frauentyp aus.
Gianni: Wie kommen Sie darauf?
FAKTENFIKTION: Nun ja, das war ganz verallgemeinernd gesagt. Normalerweise wird ja der Durchschnitt als schön empfunden - und du siehst nun einmal nicht wie der Durchschnitt aus.
Gianni (lacht): Das sage ich auch immer. Ich bin eine Abweichung. Meine Nase ist schief, und meine Lippen sind viel zu schmal. Aber immerhin erkennt man mich wieder.
FAKTENFIKTION: In Münchner Diskotheken bist du als "Abräumer" bekannt. Wie schaffst du das?
Gianni: Wissen. Wissen ist Macht. Ich gehe auf die zwischenmenschliche Ebene.
FAKTENFIKTION: Du bist also ein gebildeter junger Mann und überzeugst die Kandidatinnen mit deinem Intellekt?
Gianni: Ja und nein! Ich bin gebildet, aber nur in einem bestimmten Sinne. Ich weiß vorher alles über die Frau, die ich anspreche.
FAKTENFIKTION: Was heißt "alles"?
Gianni: Schuhgröße, Lieblingsfarbe, letzter Urlaub, bevorzugte Musik, Geschmack, Charakter.
FAKTENFIKTION: Sehr interessant. Und wie findest du das alles vorher heraus?
Gianni: Wir leben in der Informationsgesellschaft, da ist das kein Problem. Allerdings müssen die Frauen einen PC und einen Internet-Anschluß haben.
FAKTENFIKTION: Aha, du bist also Hacker!
Gianni: No, no! Ich bin Forscher. Zielorientierter Forscher. Ich will keine Kreditkartennummer, sondern nur alle Wünsche der jeweiligen Kandidatin erfüllen.
FAKTENFIKTION: Darüber könnte man streiten, aber lassen wir das. Wie verwendest du denn das Wissen, das du auf diesem Wege sammelst?
Gianni: Ich versuche, ein Gespräch zu lancieren. Das ist mein größtes Problem - bis sie mit mir reden. Dann kann ich anfangen, über die Uni oder den Fitneßclub oder das Konzert mit ihnen zu sprechen; je nachdem, was die Kandidatin beschäftigt.
FAKTENFIKTION: Wieso sagst du eigentlich immer "Kandidatin"?
Gianni: Weil ich erst einmal herausfinden muß, ob die Frau alle Voraussetzungen erfüllt. Sie muß auf Zwischenmenschliches großen Wert legen und darf sich nicht daran stören, daß ich nur 1,65 m klein bin.
FAKTENFIKTION: Wie ist deine Erfolgsquote?
Gianni: Nicht gut, nicht schlecht. Ich war in den letzten drei Jahren jedenfalls nie länger als sechs Wochen Single.
FAKTENFIKTION: Wie findest du die zur Bespitzelung notwendigen Eckdaten heraus? Ich meine: Namen, E-Mail-Adresse, Telefonnummer usw.?
Gianni: Ich bin mit den meisten Barkeepern und Türstehern befreundet. Außerdem kenne ich in den Diskos, die ich regelmäßig aufsuche, viele Leute. Gerade die Männer geben mir oft und gerne die jeweiligen Namen, weil die sich denken: "Der hat eh keine Chance."
FAKTENFIKTION: Was glaubst du, wie lange dieses Spiel noch gutgehen wird?
Gianni: Wenn es nach mir geht, muß es gar nicht mehr gut gehen. Aber bisher haben die Frauen spätestens nach drei Monaten herausgefunden, wie ich alle diese Dinge über sie in Erfahrung gebracht habe. Trotzdem hoffe ich nach wie vor auf die Frau fürs Leben.
FAKTENFIKTION: Na dann, viel Glück bei der weiteren Suche!
Gianni: Danke. Übrigens ist der Server Ihres Magazins nicht besonders gut gesichert. Ich habe da vor kurzem diese Redakteurin...
Freitag, 13. Februar 2004, 15:21, von herr denes |
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